Was ist ein Aufhebungsvertrag?
Ein Aufhebungsvertrag (auch Auflösungsvertrag oder Aufhebungsvereinbarung) ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Mit dem Aufhebungsvertrag wird ein bestehendes Arbeitsverhältnis ohne Kündigung einvernehmlich beendet.
Arbeitgeber wählen oft diese Option, wenn sie unsicher sind, ob eine herkömmliche Kündigung rechtlich durchsetzbar wäre. Es besteht kein Zwang für den Arbeitnehmer zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrag.
Wichtig: Der Arbeitgeber sollte niemals Druck auf den Arbeitnehmer ausüben. Dies könnte die Vereinbarung ungültig machen und verstößt gegen das Prinzip des fairen Handelns.
Aufhebungsvertrag und der Kündigungsschutz
Im Falle eines Aufhebungsvertrags besteht kein Kündigungsschutz. Der Arbeitnehmer verzichtet mit der Unterzeichnung also auf wichtige Arbeitnehmerrechte. Der Arbeitgeber muss bei einem Aufhebungsvertrag keine Vorgaben nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten.
Ein Aufhebungsvertrag unterscheidet sich von einer herkömmlichen Kündigung in mehreren Aspekten:
- 1. Kündigungsfristen: Im Rahmen eines Aufhebungsvertrags gibt es keine festen Kündigungsfristen – mit einem Aufhebungsvertrag kann das Arbeitsverhältnis sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Arbeitnehmer praktisch sofort beendet werden.
- 2. Kündigungsschutz: Ein Aufhebungsvertrag unterliegt nicht den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes. Das bedeutet, dass soziale Kriterien, die bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Rolle spielen, hier keine Berücksichtigung finden. Selbst wenn Du normalerweise einen besonderen Kündigungsschutz genießt, zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft oder Elternzeit, wird dieser beim Aufhebungsvertrag nicht berücksichtigt.
- 3. Betriebsrat: Der Betriebsrat hat keine Mitsprache bei einem Aufhebungsvertrag, im Gegensatz zur Kündigung durch den Arbeitgeber, bei der der Betriebsrat prüft, ob soziale Aspekte angemessen berücksichtigt wurden.
Wann lohnt sich der Aufhebungsvertrag?
Ein Aufhebungsvertrag kann sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer vorteilhaft sein. Zu einem Aufhebungsvertrag kommt es in der Regel dann, wenn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer gemeinsam beschließen, das bestehende Vertragsverhältnis vorzeitig und einvernehmlich zu beenden. Auch wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter entlassen möchte, sich aber nicht sicher ist, ob eine Kündigung erfolgreich wäre, bietet er dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag an.
Arbeitnehmer hingegen können einen Aufhebungsvertrag nutzen, um schnell aus bestehendem Arbeitsverhältnis zu kommen und die Kündigungsfrist zu umgehen. So können Konflikte vermieden werden und die Bedingungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses flexibel festgelegt werden.
Hier sind die Vor- und Nachteile für beide Seiten:
Aufhebungsvertrag |
Vorteile |
Nachteile |
Arbeitnehmer |
Im Aufhebungsvertrag kann der genaue Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses festgelegt werden, sodass eine lange Kündigungsfrist umgangen werden kann. |
Es wird auf Kündigungsschutz vor unsozialen Kündigungen verzichtet. |
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Es kann eine Abfindung ausgehandelt werden. |
Es gibt keine Anhörung durch den Betriebsrat. |
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Bedingungen für das Ende des Arbeitsverhältnisses, wie Resturlaub, Freistellung, Überstunden und Arbeitszeugnis, können mitbestimmt werden. |
Die Abfindung könnte auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden. |
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Ein Aufhebungsvertrag kann unter bestimmten Umständen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld auslösen. Vor der Unterzeichnung ist eine Rücksprache mit der Agentur für Arbeit empfehlenswert. |
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Aussichten auf Zusatzrenten durch betriebliche Altersvorsorge können entfallen oder finanzielle Einbußen drohen. |
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Arbeitgeber |
Der Zeitpunkt der Vertragsbeendigung kann flexibel festgelegt werden, ohne die gesetzlichen Mindestfristen einhalten zu müssen. |
Möglicherweise muss eine hohe Abfindung gezahlt werden. |
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Kündigungsschutzvorschriften, insbesondere der Sonderkündigungsschutz, müssen nicht beachtet werden. |
Dem Arbeitnehmer kann nicht mehr auf herkömmlichem Wege gekündigt werden, auch wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nach Unterzeichnung verschlechtert. |
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Ein aufwendiger Kündigungsschutzprozess entfällt, und der Verlauf der restlichen Vertragsdauer wird schnell geklärt. |
Ist der Vertrag nicht sorgfältig ausgearbeitet, so geht der Arbeitgeber rechtliche Risiken ein. Wenn der Arbeitnehmer später rechtliche Schritte gegen den Vertrag einleitet, kann dies zu kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten führen. |
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Eine Betriebsratsanhörung ist nicht erforderlich. |
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Wie beantrage ich einen Aufhebungsvertrag?
Arbeitnehmer haben verschiedene Möglichkeiten, ihren Arbeitgeber zu kontaktieren und eine Vereinbarung über die Beendigung ihres Arbeitsvertrags zu treffen. Dies kann formlos in einem Gespräch oder schriftlich erfolgen. Ein schriftlicher Antrag muss persönlich übergeben, per Post oder per E-Mail eingereicht werden. Oft geht einer schriftlichen Anfrage ein mündliches Gespräch voraus, um Gründe und Bedenken zu klären.
In der schriftlichen Anfrage ist es ratsam, eine klare Frist für eine Rückmeldung festzulegen. Dadurch können Arbeitnehmer:innen sicherstellen, dass sie zeitnah eine Entscheidung erhalten und gegebenenfalls noch vor Ablauf der Kündigungsfrist aus ihrem Arbeitsvertrag entlassen werden, falls eine Einigung erzielt wird.
Formale Voraussetzungen und Inhalt eines Aufhebungsvertrags
Form des Aufhebungsvertrags
Damit ein Aufhebungsvertrag rechtlich wirksam ist, ist die Schriftform zwingend erforderlich. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer müssen das Dokument eigenhändig unterschreiben. Eine digitale Unterschrift per E-Mail oder Fax ist nicht ausreichend. Werden mehrere identische Kopien des Vertrags erstellt, reicht es aus, dass jede Partei die Kopie für die jeweils andere Partei unterschreibt. Diese Regelung entspricht den Vorschriften des § 126 Abs. 2 Satz 2 (BGB) und gilt nicht nur für Aufhebungsverträge, sondern für alle Verträge, die die Schriftform erfordern.
Arbeitnehmer dürfen nicht unter Druck gesetzt oder überrumpelt werden, um einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Wird ein Vertrag unter diesen Umständen unterzeichnet, kann er für ungültig erklärt werden.
Im Einzelfall kann dennoch eine sofortige Unterschrift gefordert werden. Gibt es schwerwiegend Vorwürfe gegenüber dem Arbeitnehmer wie beispielsweise Diebstahl, kann der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vorlegen, der ohne weitere Bedenkzeit akzeptiert werden muss.
Um rechtliche Probleme zu vermeiden, sollte aber immer geprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen rechtswirksamen Aufhebungsvertrag erfüllt sind. Ebenso ist die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs, somit eines Inhaberwechsels innerhalb des Betriebs, rechtlich nicht zulässig (§ 613a Abs. 4 BGB).
Inhalt des Aufhebungsvertrags
Um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sollten so viele Details wie möglich im Aufhebungsvertrag geklärt werden. Folgende Inhalte sollten über den Aufhebungsvertrag fixiert werden:
- Der Vertrag sollte mit einer Regelung zur Beendigung des Anstellungsvertrags beginnen, einschließlich der Gründe für die Aufhebung. Das ist wichtig, um mögliche Sperrfristen für das Arbeitslosengeld des Arbeitnehmers zu verhindern. Zusätzlich sollten im Vertrag alle zuvor getroffenen Zusatzvereinbarungen während des Anstellungsverhältnisses erwähnt werden.
- Die Vereinbarung zur Vergütungsfortzahlung ist ein weiterer wichtiger Schritt im Aufhebungsvertrag. Hierbei sollte festgelegt werden, ob und in welchem Umfang die vereinbarte Vergütung weitergezahlt wird, sowie die Modalitäten für Boni, Prämien, Abfindungen (mehr dazu siehe unten) und andere Zahlungen. Es sollte auch festgehalten werden, dass über die vereinbarte Vergütung hinaus keine weiteren Ansprüche auf Zahlungen oder Leistungen bestehen.
- Darüber hinaus müssen die Freistellung des Mitarbeiters und die Abwicklung des Resturlaubsanspruchs im Vertrag geklärt werden. Die Freistellung kann widerruflich, unwiderruflich oder in Kombination ausgesprochen werden, je nach den Bedürfnissen und dem verbleibenden Urlaub des Arbeitnehmers. Beachte: Der Resturlaub kan nur bei unwiderruflicher Freistellung angerechnet werden kann. Das sollte ausdrücklich im Vertrag ausdrücklich festgehalten werden.
- Zusätzlich sollten im Aufhebungsvertrag Regelungen zum qualifizierten Arbeitszeugnis, zur Erledigung aller Ansprüche des Arbeitnehmers und zu weiteren Zusatzvereinbarungen wie Wettbewerbsverboten, Verschwiegenheitspflichten und der Rückgabe von Firmeneigentum getroffen werden.
Sonderfälle des Aufhebungsvertrags
Aufhebungsvertrag in Probezeit
Ein Aufhebungsvertrag kann in der Probezeit zur Anwendung kommen, wenn die Qualifikation des Mitarbeiters für eine längere Zeit überprüft werden soll. In einem solchen Fall kann mit dem Aufhebungsvertrag das Ende der Probezeit nach hinten verschoben werden. Das funktioniert dadurch, dass der Aufhebungsvertrag ein Ablaufdatum vorsieht, welches nach Ablauf der Probezeit von maximal sechs Monaten liegt und parallel wird dem Beschäftigten eine Weiterbeschäftigung zugesichert. Bei erfolgreicher Bewährung wird das Arbeitsverhältnis dann fortgeführt.
Ein Aufhebungsvertrag in der Probezeit muss vor Ablauf der ursprünglichen Probezeit unterzeichnet werden.
Aufhebungsvertrag bei Krankheit
Bei gesundheitlichen Gründen kann ein Aufhebungsvertrag in Erwägung gezogen werden. Ist der Arbeitnehmer beispielsweise in einem anderen Beruf arbeitsfähig, kann ein Aufhebungsvertrag sinnvoll sein. Gleiches gilt bei Langzeiterkrankungen, wenn das Krankengeld ausläuft und die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer von seinen Ersparnissen leben muss.
Wird ein Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen abgeschlossen, kann die Sperrfrist für den Anspruch auf Arbeitslosengeld vermieden werden. Es ist jedoch ratsam, dass sich der Arbeitnehmer dies vor der Unterzeichnung des Vertrags vom zuständigen Arbeitsamt bestätigen lässt.
Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld
Das Sozialgesetzbuch III (SGB III) schreibt Sperrfristen vor, wenn die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt wurde. Unterzeichnet man einen Aufhebungsvertrag, kann dies so gewertet werden, unabhängig davon, von wem die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausging. Man sollte sich vorher informieren, ob dies auf die eigene Situation zutrifft.
Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Sperrzeitregelung:
Drohende Kündigung: Wenn ohnehin eine betriebsbedingte oder personenbedingte Kündigung unvermeidbar gewesen wäre, führt der Aufhebungsvertrag nicht zur Sperrfrist.
Kündigungsfrist eingehalten: Wird die maßgebliche Kündigungsfrist beachtet, bleiben Arbeitnehmer von einer Sperrfrist verschont.
Erkrankungen: Kann man aufgrund von physischen oder psychischen Einschränkungen der Arbeit nicht mehr nachkommen, ist ein Aufhebungsvertrag eine sinnvolle Alternative.
Abfindung: Würde eine Abfindung bei einer drohenden Kündigung nicht gezahlt werden, bei einem Aufhebungsvertrag jedoch schon, so kann dadurch die Sperrzeit aufgehoben werden.
Anspruch auf Abfindung bei Aufhebungsverträgen
Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Allerdings nutzen Arbeitgeber sie häufig als Anreiz zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags.
Auch wenn es Richtwerte zur Abfindungshöhe gibt, so hängt die genaue Höhe vor allem von Deinem Verhandlungsgeschick ab. Insbesondere wenn die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ausgeht, hast Du eine sehr gute Verhandlungsposition. Denn die Tatsache, dass der Arbeitgeber keine Kündigung ausspricht, ist ein Indikator dafür, dass er nicht zur Kündigung berechtigt wäre.
Sei Dir allerdings darüber bewusst, dass die ausgehandelte Abfindung in der Regel nicht höher sein sollte als die Hälfte des Monatsgehalts (brutto) pro gearbeitetem Jahr, wenn Du eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld vermeiden willst.
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Die Zahlungsmodalitäten darüber, wann und wie die Abfindung gezahlt wird und wie sie steuerlich behandelt wird, sollten im Vertrag festgehalten werden.
Steuern auf Abfindungen
Die Besteuerung von Abfindungen kann dazu führen, dass das jährliche Bruttoeinkommen des Arbeitnehmers steigt und er in eine höhere Steuerklasse fällt. Um diese Steuererhöhung auszugleichen, hat der Gesetzgeber die sogenannte "Fünftelregelung" eingeführt. Dabei wird die Abfindung auf fünf Jahre verteilt, was dazu führt, dass das zu versteuernde Einkommen jedes Jahr niedriger ist. Diese Regelung kann besonders für Arbeitnehmer mit niedrigerem Jahresbruttoverdienst vorteilhaft sein.
Wichtig: Das Finanzamt prüft die Anwendung der "Fünftelregelung" nur, wenn der Arbeitnehmer dies in seiner Steuererklärung angibt.
Da die Abfindung unter Umständen das zu versteuernde Einkommen erhöht, kann das auch Auswirkungen auf die Beiträge zur Krankenversicherung haben.
Fazit
Der Aufhebungsvertrag ist ein wichtiges Instrument im Arbeitsrecht, das Arbeitnehmern und Arbeitgebern Flexibilität und eine einvernehmliche Lösung für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bietet, ohne die Notwendigkeit einer Kündigung.
Arbeitnehmer sollten jedoch bedenken, dass die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags nicht immer die beste Option ist. Es ist entscheidend, die Bedingungen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass ihre Interessen angemessen berücksichtigt werden.
Für Arbeitgeber bietet der Aufhebungsvertrag die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse auf eine faire und einvernehmliche Weise zu beenden, ohne lange Kündigungsfristen einhalten zu müssen. Es ist jedoch wichtig, die rechtlichen Anforderungen und Pflichten zu beachten, insbesondere in Bezug auf die Form und den Inhalt des Vertrags.