1. Was ist Kündigungsschutz?
Aufgrund persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, sind diese gesetzlich durch den Kündigungsschutz geschützt. Dies soll vermeiden, dass Arbeitnehmer sozial ungerechtfertigt gekündigt werden.
Im Arbeitsrecht gewährt der allgemeine Kündigungsschutz Arbeitnehmern gewisse Rechte und schränkt gleichzeitig die Möglichkeiten der Arbeitgeber zur Kündigung von Angestellten ein. Arbeitgeber können nur dann wirksam kündigen, wenn sie
- die formalen Vorschriften,
- zulässige Kündigungsgründe und
- gesetzlichen Kündigungsfristen
beachten.
Kündigungen, ob fristgemäß oder fristlos, müssen gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen, da mündliche Kündigungen nicht wirksam sind. Falls der Kündigende eine mündlich ausgesprochene Kündigung aufrecht erhalten möchte, muss er dies erneut schriftlich bestätigen.
Existiert ein Betriebsrat, so muss der Arbeitgeber diesen vor jeden ordentlichen und außerordentlichen Kündigung anhören und die Gründe angeben. Steht der Arbeitnehmer unter Kündigungsschutz, ist die Angabe des Kündigungsgrundes gesetzlich vorgeschrieben. Zusätzlich können tarifvertragliche, betriebsvereinbarungs- oder individuelle vertragliche Regelungen eine Begründungspflicht auferlegen. Bei fristlosen Kündigungen muss auf Verlangen des Empfängers der Kündigung der Grund schriftlich mitgeteilt werden.
Durch den Kündigungsschutz werden Arbeitnehmer nicht pauschal vor jeder Kündigung geschützt. Er stellt lediglich Hürden auf und legt Regeln fest, die vom Arbeitgeber eingehalten werden müssen.
1.1 Das Kündigungsschutzgesetz
Der Ort, an dem diese Regeln festgehalten werden, ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das Gesetz legt außerdem fest, ab wann der Kündigungsschutz überhaupt greift.
Gemäß KSchG kommt der Kündigungsschutz zur Anwendung, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Betriebsgröße
Der Kündigungsschutz gilt für Arbeitsverhältnisse ab dem 1. Januar 2004 nur in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern, wobei Auszubildende nicht berücksichtigt werden. Für Arbeitsverhältnisse, die bereits am 31.12.2003 bestanden haben, gilt eine Regelung von mehr als 5 Mitarbeitern. Teilzeitbeschäftigte werden bei 20 Arbeitsstunden pro Woche mit einem Wert von 0.5 und bei 30 Wochenstunden mit 0.75 berücksichtigt. Arbeitnehmer ab 30 Wochenstunden werden als voll gezählt. Unternehmen, die die Schwelle von 10 Angestellten, wobei auch leitende Angestellte mitzählen, nicht erreichen, gelten als Kleinbetrieb.
Grundsätzlich gilt in Kleinbetrieben kein Kündigungsschutz, weshalb Arbeitnehmer einfacher gekündigt werden können. Ausgenommen davon sind Kündigungen, die gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder ein gesetzliches Verbot (Maßregelungsverbot oder Benachteiligungsverbot) verstoßen.
Betriebszugehörigkeit
Damit der Kündigungsschutz greift, muss der Arbeitnehmer außerdem mindestens 6 Monate ohne Unterbrechung in dem Unternehmen gearbeitet haben. Innerhalb dieser Zeit kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Kündigung mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen aussprechen (§ 1 Abs. 1 KSchG).
Diese Wartezeit von 6 Monaten beim Kündigungsschutz ist nicht gleichzusetzen mit der Probezeit. In vielen Fällen beträgt diese ebenfalls 6 Monate, sie kann allerdings auch kürzer ausfallen.
Somit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit ohne die Angabe von Gründen beenden und auch nach Ablauf der Probezeit steht der Arbeitnehmer nicht automatisch unter Kündigungsschutz.
2. Kündigungsgründe
Gilt der gesetzliche Kündigungsschutz für einen Arbeitnehmer, muss einer der folgenden Gründe für die Kündigung vorliegen. Zwar muss der Arbeitgeber diesen im Kündigungsschreiben nicht angeben. Fragt der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsgrund, muss der Arbeitgeber diesen allerdings benennen. Unterschieden wird dabei zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen.
2.1. Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung ist die reguläre Form der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Hierbei müssen die gesetzlich oder vertraglich geltenden Kündigungsfristen eingehalten werden.
Mehr dazu findest Du in unserem Artikel: Kündigung des Arbeitsverhältnisses: Informationen & Tipps
Es gibt 3 Gründe für eine ordentliche Kündigung, auf die sich Arbeitgeber stützen können.
Personenbedingte Gründe
Bei einer personenbedingten Kündigung liegt der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Person des Arbeitnehmers. Verliert der Arbeitnehmer seine körperliche oder fachliche Eignung für seine Arbeit, beispielsweise durch eine langanhaltende Krankheit, kann dieser vom Arbeitgeber personenbedingt gekündigt werden.
Verhaltensbedingte Gründe
Eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber ist gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer schwerwiegende Pflichtverletzungen begeht und dadurch das Vertrauensverhältnis erheblich beeinträchtigt wird. Beispiele für willentlich ausgeführte Pflichtverletzungen sind regelmäßige Verspätung, Arbeitsverweigerung, Diebstahl, Beleidigung oder andere Verstöße gegen den Arbeitsvertrag.
Betriebsbedingte Gründe
Die Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung liegen im Unternehmen selbst und nicht im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers. Der Arbeitsplatz fällt in diesem Fall aufgrund von innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Umständen, wie einer Betriebsumstellung oder einem drastischen Auftragsrückgang, weg.
Sind betriebsbedingte Kündigungen unvermeidbar, muss eine Sozialauswahl berücksichtigt werden. Die Sozialauswahl erfolgt anhand von Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung.
2.2. Außerordentliche Kündigung
Liegt ein schwerwiegendes Fehlverhalten oder ein tiefgreifender Pflichtverstoß vor, kann eine außerordentliche Kündigung (auch fristlose Kündigung genannt) ausgesprochen werden. Die außerordentliche Kündigung beendet das bestehende Arbeitsverhältnis sofort, ohne Einhaltung von Kündigungsfristen. Mögliche Gründe für eine außerordentliche Kündigung können beispielsweise Diebstahl oder körperliche Gewalt seitens des Arbeitnehmers sein.
Nur wenn einer der oben genannten Kündigungsgründe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gegeben ist, ist die Kündigung wirksam. Wird statt einer regulären Kündigung ein Aufhebungsvertrag geschlossen, besteht für den Arbeitnehmer kein Kündigungsschutz.
3. Kündigungsfrist
Die Kündigungsfrist bezeichnet die Zeitspanne zwischen dem Erhalt der schriftlichen Kündigung und dem Zeitpunkt, an dem die Kündigung tatsächlich in Kraft tritt. Diese Frist gewährt dem Arbeitnehmer die Gelegenheit, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Ebenso ermöglicht sie ihm die Möglichkeit, sich rechtlich gegen die Kündigung zu verteidigen.
Erfolgt die Kündigung seitens des Arbeitnehmers, soll die Kündigungsfrist dem Arbeitgeber ausreichend Zeit geben, einen Ersatz für die gekündigte Arbeitskraft zu finden.
Mehr zum Thema Kündigungsfristen findest du in unserem Artikel: Kündigung des Arbeitsverhältnisses: Informationen & Tipps
Wurde die Kündigungsfrist nicht eingehalten, heißt das nicht automatisch, dass die Kündigung unwirksam ist. Vielmehr wird dann meist angenommen, dass die ausgesprochene Kündigung zu einem späteren – die Kündigungsfrist wahrenden – Zeitpunkt wirksam wird. Der Arbeitnehmer sollte dennoch die Frist für das Einreichen einer Kündigungsschutzklage von 3 Wochen einhalten. Denn diese Klagefrist läuft ab Erhalt des Kündigungsschreibens und ist unabhängig von der Kündigungsfrist.
4. Sonderkündigungsschutz
Verschiedene Arbeitnehmergruppen genießen neben dem allgemeinen Kündigungsschutz einen besonderen Kündigungsschutz, da sie durch ihre persönliche oder berufliche Situation besonders schutzbedürftig sind.
Schwangere
Schwangere Frauen genießen ab Beginn der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt einen besonderen Kündigungsschutz, unabhängig von Betriebsgröße und Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Sperre von 4 Monaten gilt auch nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche (§ 17 MuSchG). Die Kündigung ist ungültig, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwangerschaft wusste oder er innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung informiert wurde (§ 9 MuSchG).
Schwerbehinderte
Arbeitnehmer mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50% gelten als schwerbehindert. Für ihre Kündigung, sowohl ordentlich als auch außerordentlich, ist die Zustimmung des Betriebsrats, des Integrationsamtes und der Schwerbehindertenvertretung erforderlich, es sei denn, das Arbeitsverhältnis besteht weniger als ein halbes Jahr oder ein Aufhebungsvertrag wird geschlossen. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen.
Zudem ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer innerhalb der 12 Monate vor der Kündigung länger als 6 Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig war, der Arbeitgeber vor der Aussprache einer Kündigung dazu verpflichtet ist, dem betroffenen Beschäftigten die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) anzubieten. Das BEM soll dazu dienen, frühzeitig zu klären, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Verletzt der Arbeitgeber diese Verpflichtung zum Anbieten der Durchführung eines BEM, ist die Kündigung unwirksam.
Betriebsratsmitglieder
Betriebsratsmitglieder können in der Regel während ihrer Amtszeit und bis zu einem Jahr danach nicht ordentlich gekündigt werden (§ 15 KSchG). Es sei denn, der Betrieb wird stillgelegt. Für eine außerordentliche Kündigung ist die Zustimmung des Betriebsrats oder, bei Ablehnung des Betriebsrats, des Arbeitsgerichts erforderlich. Gleicher Kündigungsschutz gilt für Schwerbehindertenvertreter und Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung.
Wehrdienstleistende
Wenn ein Arbeitnehmer freiwilligen Wehrdienst leistet oder zu einer Wehrübung einberufen wird, ruht sein Arbeitsverhältnis für diesen Zeitraum. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis von dem Zeitpunkt der Dienstantrittsaufforderung an bis zur Beendigung des Wehrdienstes sowie während einer Wehrübung nicht kündigen.
Auszubildende
Während der Probezeit kann der Auszubildende ohne Angabe eines Grundes gekündigt werden. Der Kündigungsschutz besteht bereits nach 4 Monaten Betriebszugehörigkeit, nicht nach 6 Monaten. Nach Ablauf der Probezeit steht er unter besonderem Kündigungsschutz und der Auszubildende darf nicht ordentlich gekündigt werden. Das bedeutet, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur außerordentlich und aus wichtigem Grund erfolgen muss, wie Diebstahl, Arbeitsverweigerung oder unzulässige Nebentätigkeiten.
Beschäftigte, die pflegen
Beschäftigte, die für einen nahen Angehörigen entweder die bedarfsgerechte Pflege organisieren müssen (bis zu 10 Tage) oder selbst Pflegezeit in Anspruch nehmen, um einen Angehörigen zu pflegen, genießen auch besonderen Kündigungsschutz. Auch die außerhäusliche Betreuung minderjähriger Pflegebedürftiger und die Begleitung eines Angehörigen in seiner letzten Lebensphase stehen unter Kündigungsverbot, sodass nur in Ausnahmen eine außerordentliche Kündigung mit Zustimmung einer staatlichen Behörde möglich ist.
5. Deine Möglichkeiten nach Erhalt einer Kündigung
5.1. Einspruch beim Betriebsrat
Hält der Arbeitnehmer die Kündigung für sozial ungerechtfertigt, kann er zunächst den Betriebsrat einbeziehen, indem der Arbeitnehmer innerhalb von einer Woche nach Zugang der Kündigung Einspruch einlegt. Ist der Widerspruch aus Sicht des Betriebsrat begründet, kann das Gremium schriftlich Stellung nehmen und versuchen, mit dem Arbeitgeber eine Einigung zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu erzielen. Über eine endgültige Entscheidungsbefugnis verfügt er jedoch nicht.
5.2. Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht
Der Arbeitnehmer kann zudem eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, um gegen seine Kündigung vorzugehen.
Wichtig: Eine Klage gegen die Kündigung muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erfolgen. Diese Frist ist strikt und kann nicht verlängert werden. Die Frist beginnt auch dann zu laufen, wenn beim Betriebsrat Einspruch gegen die Kündigung eingelegt wurde. Nach Ablauf der 3-Wochen-Frist kann der Arbeitnehmer eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG beim Arbeitsgericht beantragen.
Verursachen persönliche Umstände, wie Krankheit oder Urlaub während des Zugangs der Kündigung, das Versäumnis der Frist, kann das Gericht dem Antrag stattgeben. Die Ursachen für die Verspätung müssen glaubhaft begründet werden. Dieser Antrag muss fristgerecht 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingereicht werden.
Während eines laufenden Kündigungsstreits hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterbeschäftigung, wenn der Betriebsrat Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt hat oder das Gericht in erster Instanz die Kündigung für unwirksam erklärt und die Weiterbeschäftigung für zumutbar erachtet. Andernfalls muss er nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist auch bei laufendem Verfahren den Betrieb verlassen.
Bei gewonnenem Gerichtsverfahren hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Entgeltzahlung für den Zeitraum des Betriebsaustritts und der Urteilsverkündung. Er kann entscheiden, ob er das Arbeitsverhältnis wieder aufnehmen möchte oder eine neue Arbeitsstelle antritt. Bei verlorenem Verfahren ist die Kündigung rechtswirksam.
6. Kündigungsschutz und Abfindung
Einen allgemeinen Anspruch auf Kündigung gibt es nicht, jedoch legt das Kündigungsschutzgesetz Bedingungen fest, nach denen Arbeitnehmer eine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten können:
- Wird der Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt, kann er zwischen einer Kündigungsschutzklage und der Zahlung einer Abfindung entscheiden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass im Kündigungsschreiben ein Hinweis enthalten ist, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der gesetzlichen Frist für das Einreichen einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung erhält (§ 1a KSchG). Für Kündigungen aus anderen Gründen gilt dies ausdrücklich nicht.
- Das Arbeitsgericht kann ebenso die Zahlung einer Abfindung festlegen. Hält das Gericht die Kündigung für ungültig und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb ist nicht möglich, kann das Gericht den Arbeitgeber zu einer Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Dabei legt das Arbeitsgericht die Höhe der Abfindungszahlung fest (§ 9 KSchG). Voraussetzung für eine solche Festlegung einer Abfindung durch das Arbeitsgericht ist jedoch das Stellen eines Auflösungsantrags nach den §§ 9, 10 KSchG.
Mehr zum Thema erfährst Du in unserem Beitrag: Abfindung bei Kündigung: Rechtlicher Anspruch.
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