- Eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ggü. dem Unternehmen, Kollegen oder Kunden kann eine verhaltensbedingte Kündigung begründen.
- Für die Wirksamkeit der verhaltensbedingten Kündigung muss die Pflichtverletzung außerdem rechtswidrig und schuldhaft sein. Zusätzlich muss die Kündigung verhältnismäßig sein und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen.
- Ein Anspruch auf Abfindung besteht bei Kündigungen aufgrund des Verhaltens im Grundsatz nicht.
- Verhaltensbedingte Kündigungen führen in der Regel zu einer Sperrzeit von 12 Wochen bei der Agentur für Arbeit.
- Hast Du eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten, solltest Du Dich umgehend an Experten für Arbeitsrecht wenden. Für eine Kündigungsschutzklage bleiben Dir 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung.
Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
Arbeiten im Unternehmen mehr als 10 Mitarbeiter und bist Du bereits länger als 6 Monate im Unternehmen, greifen die Regeln des Kündigungsschutzes. Das bedeutet, Dein Arbeitgeber braucht einen entsprechenden Grund, um eine Kündigung auszusprechen. Im Rahmen einer ordentlichen Kündigung kann sich der Arbeitgeber (neben der betriebsbedingten und der personenbedingten Kündigung) auf die verhaltensbedingte Kündigung als Grund stützen.
Die verhaltensbedingte Kündigung beruht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung gegenüber dem Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist für den Arbeitgeber nicht zumutbar.
An die verhaltensbedingte Kündigung werden strenge Kriterien angelegt, weshalb sie als Kündigungsgrund vor Gericht regelmäßig nicht standhält.
Kündigungsfristen
Als Form der ordentlichen Kündigung müssen bei verhaltensbedingten Kündigungen die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen eingehalten werden. Kommt es zu sehr schweren Pflichtverstößen, ist eine fristlose Kündigung möglich.
Beispiele für eine Pflichtverletzung
Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung sind meist sehr spezifisch und einzelfallabhängig. Die Gründe können aber in 3 Hauptkategorien eingeteilt werden:
- Störungen im Leistungsbereich
- Störungen im Vertrauensbereich
- Störungen der betrieblichen Ordnung
Störungen im Leistungsbereich
Bei Störungen im Leistungsbereich gibt es den Vorwurf, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat oder nicht ordentlich arbeitet. Beispiele dafür sind unter anderem:
- Die Krankmeldung erfolgt zu spät oder nicht richtig
- Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bleibt deutlich und nachweislich hinter den Arbeitsleistungen der Kollegen zurück
- Es kommt regelmäßig zu Unpünktlichkeit. Nach erstmaliger Abmahnung wären Arbeitnehmer verhaltensbedingt kündbar. Ist die Unpünktlichkeit so groß, dass man von Arbeitsverweigerung sprechen kann, ist sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung möglich.
- Werden Minusstunden trotz Hinweis und Abmahnung zu lange nicht abgebaut, kann das auch zur Kündigung führen.
- Körperliche Gewalt bei Auseinandersetzungen mit dem Vorgesetzten oder den Kollegen kann selbst ohne Abmahnung zur verhaltensbedingten Kündigung führen.
- Die private Nutzung von Internet oder der beruflichen E-Mail-Adresse wird ebenfalls den Störungen im Leistungsbereich zugeschrieben.
Störungen des Vertrauensbereichs
Zu den Störungen im Vertrauensbereich gehören alle Verhaltensweisen, die das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstören. Hierzu gehören etwa:
- Betrug und Diebstahl
- Der Verdacht auf eine Straftat. Eine ordentliche Kündigung ist jedoch nur möglich, wenn Tatsachen vorliegen, die auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen würden.
- Arbeitszeitbetrug, also die Angabe falscher Arbeitszeit
Störungen der betrieblichen Ordnung
Bei schädlichem Verhalten gegenüber Kollegen oder Kunden spricht man von Störungen der betrieblichen Ordnung. Beispielhaft zu nennen sind
- Mobbing. Der Arbeitnehmer hat nachweislich andere Kollegen gemobbt.
- Alkohol am Arbeitsplatz. Die Kündigung ist nach vorheriger Abmahnung möglich. Schwieriger ist die Situation allerdings bei Alkoholkrankheit. In diesem Fall kann aber ggf. eine personenbedingte Kündigung möglich sein.
- Wiederholte Gehaltspfändung. Gehen die Pfändungen über das akzeptable Maß hinaus und führen beim Arbeitgeber zu deutlichem Mehraufwand, kann dies eine verhaltensbedingte Kündigung begründen.
Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung
Damit eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ist, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Ist bereits eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Kündigung unwirksam.
- Schwerwiegende Pflichtverletzung
- Rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung
- Verhältnismäßigkeit der Kündigung
- Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers
Schwerwiegende Pflichtverletzung
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn eine schwerwiegende Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer vorliegt. Was als schwerwiegend gewertet werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. Beispiele für schwerwiegende Pflichtverstöße findest Du oben.
Rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung
Liegt eine Pflichtverletzung vor, gilt die grundsätzliche Annahme, dass diese auch rechtswidrig und schuldhaft begangen wurde. Ergo muss der Arbeitnehmer aufzeigen, dass sein Pflichtverstoß gerechtfertigt ist oder dass kein Verschulden seinerseits vorlag.
Beispiel 1: Kommt der Arbeitnehmer zu spät zur Arbeit, handelt er rechtswidrig. Kann er allerdings darlegen, dass es aufgrund von Störungen bei der Bahn zur Verspätung kam, ist der Verstoß nicht schuldhaft.
Beispiel 2: Wird der Arbeitnehmer gegenüber einem Kollegen körperlich aggressiv, nachdem der betroffene Kollege ihn zuvor geschlagen hat, handelt der Arbeitnehmer zwar schuldhaft, jedoch nicht zwangsläufig rechtswidrig. In einem solchen Fall kann die Gewalt durch Notwehr gerechtfertigt sein.
Verhältnismäßigkeit der Kündigung
Verhältnismäßigkeit meint, dass die Kündigung das “letzte Mittel” sein muss. Mit allen anderen Mitteln kann sich demnach die Störung durch das Verhalten nicht beseitigen lassen. Als milderes Mittel wird häufig die vorherige Abmahnung anerkannt. Wiederholt der Arbeitnehmer das Verhalten trotz vorheriger Abmahnung, ist die Kündigung aufgrund des Verhaltens zulässig. Ist bereits eine Abmahnung erfolgt, muss sich diese auch auf das konkrete Verhalten bezogen haben, welches die Kündigung rechtfertigen soll. Wurde der Arbeitnehmer also zuvor wegen etwas Anderem abgemahnt, muss der Arbeitgeber zunächst eine weitere Abmahnung aussprechen, bevor er eine Kündigung aussprechen darf.
Auch die Versetzung auf eine andere Stelle kann als milderes Mittel angebracht sein. Das ist etwa der Fall, wenn es zur Pflichtverletzung im Verhalten gegenüber Kollegen oder Kunden kam.
Kannst Du auch ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden?
Es kann Fälle geben, in denen eine vorherige Abmahnung nicht notwendig ist. Insbesondere bei Störungen des Vertrauensbereichs oder wenn weitere Pflichtverletzungen zu erwarten sind, kann auch direkt gekündigt werden.
Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers
Selbst wenn alle vorherigen Punkte erfüllt sind, muss eine Interessenabwägung ergeben, dass das Interesse Deines Arbeitgebers an der Kündigung gegenüber Deinen Nachteilen überwiegt.
Das bedeutet:
- Der Arbeitgeber muss Deine soziale Situation in Betracht ziehen, unter anderem, wie alt Du bist, wie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt ist, wie lange Du bereits in der Firma arbeitest und ob Du Dir vorher bereits etwas zuschulden kommen lassen hast.
- Dem stellt er gegenüber, wie groß die negativen Folgen Deines Verhaltens auf das Betriebsklima sind.
Wird befunden, dass die negativen Folgen Deines Verhaltens dem Unternehmen mehr schaden als die Kündigung Dir, ist die verhaltensbedingte Kündigung zulässig.
Abfindung im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung
Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung nicht. Da die Gründe für die Kündigung im Gegensatz zur betriebsbedingten Kündigung im schadhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen, wird nur in seltenen Fällen eine Abfindung vom Arbeitgeber angeboten.
Dennoch kann es sich lohnen, eine Kündigungsschutzklage gegen den Arbeitgeber einzureichen. Um einen Prozess zu vermeiden, sind Arbeitgeber in einigen Fällen zu einer Einigung und Zahlung einer Abfindung bereit. Dies liegt daran, dass viele Verhaltensweisen nicht unbedingt eine Kündigung rechtfertigen und der Arbeitgeber somit befürchtet, dass ein Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt. Wie hoch die Abfindung ist, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab.
Verhaltensbedingte Kündigungen und das Arbeitslosengeld
Laut Sozialgesetzbuch (SGB) wird für Arbeitnehmer, die “vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt”, eine Sperrzeit verhängt. Die Sperrzeit beträgt in diesem Fall für gewöhnlich 12 Wochen. In besonderen Härtefällen kann die Sperrzeit auf 6 Wochen verkürzt werden.
Wenn Du auf das Arbeitslosengeld angewiesen bist und eine Sperre vermeiden willst, kann das ein zusätzlicher Grund für eine Kündigungsschutzklage sein. Ähnlich zur Abfindung sind manche Arbeitgeber bereit, die Vorwürfe in Bezug auf die verhaltensbedingte Kündigung zurückzunehmen.
Was tun, wenn Du eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten hast?
Bist Du verhaltensbedingt gekündigt worden, solltest Du umgehend handeln. Denn nach Zugang der Kündigung hast Du nur 3 Wochen Zeit, um eine Klage gegen Deine Kündigung einzureichen. Wir empfehlen Dir, Dich in diesem Zuge an einen Arbeitsrechtsexperten zu wenden.
Die Experten von fine. beraten Dich, wenn Du von einer Kündigung betroffen bist. Sie loten auch die Möglichkeiten einer Abfindung aus und helfen Dir, diese vom Arbeitgeber zu bekommen.
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